Die drei Pfeile (Dan Gallin)

von Redaktion am 20. August 2016

Autor: Dan Gallin

Das Zeichen des Oltener Kreises zeigt drei Pfeile in einem Kreis. Für was stehen diese drei Pfeile?
In der Konfrontatation mit dem Faschismus entstand auf sozialistischer Seite ein Zeichen für die Sammelbewegung derjenigen, die Widerstand leisteten: die drei Pfeile. Dieses Symbol des Kampfes gegen den Faschismus wurde 1932 von Serge Tschachotin und Carlo Mierendoff für die Eiserne Front in Deutschland entworfen.
Die Eiserne Front war ein Zusammenschluss paramilitärischer, gegen die Nazis gerichteter Organisationen. Sie wurde 1931 durch die SPD, das katholische Zentrum, die Demokratische Partei und andere Gruppierungen gegründet. Die SPD verfügte damals über eine eigene paramilitärische Organisation, das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold.
Tschachotin war ein russischer Menschewik, der seit Mitte der 1920er Jahre im deutschen Exil lebte. Dort arbeitete er für die Gewerkschaften und stellte seine Erfahrungen als Psychologe und Propagandist in den Dienst der Sozialdemokratie.
Nach der Machtergreifung Hitlers 1933 reiste er nach Dänemark aus, um den Kampf gegen den Faschismus fortzusetzen. Nachdem er im Frühling 1934 nach Frankreich gekommen war, organisierte er – bekannt als „Docteur Flamme“ – zusammen mit
Marceau Pivert Grossanlässe und Filmaufnahmen für die französische Sozialdemokratie. Er ist Autor des Buches „Dreipfeil gegen Hakenkreuz“ (1933), das später auch in französischer und englischer Übersetzung erschien. Darin analysiert Tschachotin die Methoden der Nazi-Propaganda und Möglichkeiten, dieser Propaganda entgegenzutreten.
Carlo Mierendorff, aktives Mitglied des Reichbanners und der eisernen Front, wurde 1930 als jüngster sozialdemokratischer Abgeordneter in den Reichstag gewählt.
1933 wurde er verhaftet und in verschiedenen Konzentrationslagern festgehalten, bis er 1938 freigelassen wurde – unter der Bedingung, sich jeglicher politischer Betätigung zu enthalten. Mierendorff schloss sich dem illegalen Widerstand an und wurde einer der wichtigsten Verbindungsmänner zwischen dem sozialistischen und dem militärischen Widerstand. Er kam im Dezember 1943 bei einem allierten Bombenangriff auf Leipzig um.
Dem Symbol der drei Pfeile wurden verschiedene Bedeutungen zugedacht. Tatsächlich handelte es sich in erster Linie um ein Zeichen, das dazu gedacht war, das Hakenkreuz der Nazis auf Mauern und Häuserwänden auszustreichen: Drei dicke Linen, von rechts nach links, von oben nach unten, schnell anzubringen und damit ideal für den Propagandakrieg auf den Strassen. Das war der ursprüngliche Zweck der drei Pfeile.
Die drei Pfeile wurden in den 1930er Jahren in Deutschland von der – von der sozialdemokratischen Opposition verwendet. Auch der spätere illegale Widerstand benutzte das Zeichen, das ab 1932 auch von der österreichischen Sozialdemokratie übernommen wurde. Nachdem diese nach dem verlorenen Bürgerkrieg 1934 ebenfalls in die Illegalität gedrängt worden war, verwendete die sozialdemokratische Linke, reorganisiert als „Revolutionäre Sozialisten“, die drei Pfeile in ihren (illegalen) Publikationen. Nach 1945 übernahm die österreichische Sozialdemokratie die Pfeile als offizielles Abzeichen, ergänzt um einen Kreis, dem Symbol der Einheit der Bewegung.
In Frankreich verwendete die Sozialdemokratie im Seine-Departement, wo die revolutionäre Linke von Marceau Pivert dominierte, ab 1934 das Zeichen der drei Pfeile. Nach 1936 zierten sie die Plakate, Flugblätter und anderes Propagandamaterial der französischen Sozialdemokratie, besonders an der Seine und bei der sozialistischen Jugendorganisation. Nach der Befreiung 1944 schlug die Parteileitung ein neues Symbol vor: die Phrygiermütze (auch Jakobinermütze genannt, damals bereits von den Radikalen verwendet, bis heute übrigens auch von der Schweizer PdA). Dieser Vorschlag setzte sich jedoch nicht durch. Angesichts des parteiinternen Widerstandes kehrte man zu den drei Pfeilen durch. Diese verschwanden erst 1969, mit der Ablösung der alten SFIO (Section française de l’Internationale ouvrière) durch den heutigen Parti Socialiste.
Die SPD und ein wenig später die SPÖ haben die drei Pfeile aufgegeben, um sie durch das plattestmögliche Logo zu ersetzen: die drei Buchstaben der Abkürzung ihrer Parteinamen. Die französische Sozialdemokratie hat sich die Mühe gemacht, ein neues Abzeichen zu entwerfen: die Faust mit der Rose. Trotz weltweiter Verbreitung hat man es in Frankreich später fallen lassen. War die Faust zu aggressiv, die Rose zu rot?
Wie dem auch sei: Wir, die wir auf dem linken Flügel der Sozialdemokratie stehen, ehren den Widerstand, der durch die drei Pfeile symbolisiert wurde und wird: den Widerstand der österreichischen Revolutionären Sozialisten, den deutschen sozialdemokratischen Widerstand, denjenigen der revolultionären Linken innerhalb der französischen Sozialdemokratie. Diese drei Bewegungen stehen hier auch für viele andere. Ihnen zu Ehren verwenden wir das Zeichen der drei Pfeile.
Und, Genossinnen und Genossen: Wenn ihr auf einer Mauer oder anderswo ein faschistisches Symbol, ein Keltenkreuz oder ein Hakenkreuz seht, zögert nicht. Streicht es durch mit den drei Strichen, von rechts nach links, von oben nach unten!
Nie wieder!

Dan Gallin hat diesen Text für den Oltener Kreis linker SozialdemokratInnen geschrieben, der die drei Pfeile in seinem Logo verwendet (Original: Französisch, Übersetzung: Rebekka Wyler)

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